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Nierenbeckenentzündung oder nicht?

Kategorie: Special-harninkontinenz.de » Expertenrat Harninkontinenz | Expertenfrage

12.06.2009 | 04:50 Uhr

Hallo,

ich bin 23 Jahre, w, NR und absolviere derzeit im Rahmen meines Lehramtsstudienganges ein Auslandssemester in Frankreich.
Seit gestern habe ich Schmerzen im Nierenbereich und Fieber. Im Urin finden sich Leukozyten sowie granuläre Zylinder. Ein US der Nieren war lt. Arzt ohne Befund. Die Diagnose lautet aber Nierenbeckenentzündung.

Ist eine Nierenbeckenentzündung möglich, wenn der US-Befund unauffällig ist?

Woran erkennt der Arzt, dass es sich um eine solche Entzündung handelt?

Ich soll nun ein AB nehmen, reagiere auf solche Medikamente aber immer sehr heftig mit Magen-Darm-Problemen (in den letzten 5 Jahren musste ich 2x AB über je 10 Tage nehmen und jedesmal war ich hinterher noch länger krank, weil eine pseudomembranöse Kolitis sich entwickelt hatte).

Könnte evtl. nur ein normaler Harnwegsinfekt vorliegen, welcher ohne AB behandelbar ist?

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir weiterhelfen.

Viele Grüße

Viviane

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Experte-Schikore
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12.06.2009, 05:08 Uhr
Antwort von Experte-Schikore

Hallo Viviane,

bei einer normale Blasenentzündung hat man normalerweise kein Fieber. Fieber und klopfschmerzhafte Nierenlager bds. weisen schon auf eine Nierenbeckenentzündung hin. Genaueres läßt sich aus der Ferne natürlich nicht sagen.

Im US muß sich eine Nierenbeckenentzündung nicht ungedingt zeigen.

Wenn Sie wissen, auf welches Antibiotikum Sie reagiert haben, dann sollte Ihnen der Arzt ein anderes aufschreiben.

Viele Grüße

Dr. Rainer Schikore

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12.06.2009, 07:09 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Schikore,

vielen Dank für Ihre Antwort. Ich muss Sie mit meiner Fragerei aber nochmals nerven. Vielleicht ist es Ihnen zeitlich möglich, mir meine Fragen zu beantworten. Leider spricht der mich hier behandelnde Arzt kein Deutsch und ich verstehe nicht alles, was er sagt. So sind Sie im Moment mein einziger Ansprechpartner zu dieser Thematik.

Die AB-Wirkstoffe waren Cefuroxim und Amoxicillin. Welcher andere AB-Wirkstoff wäre denn bei einer Entzündung zu empfehlen?

Wie würde sich eine Nierenbeckenentzündung im US darstellen?

Gibt es neben Fieber und Klopfschmerzen noch andere Symptome, die auf eine Nierenbeckenentzündung hinweisen?

Lässt sich diese auch ohne AB behandeln?

Nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe.

Viele Grüße

Viviane

Experte-Schikore
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12.06.2009, 08:07 Uhr
Antwort von Experte-Schikore

Hallo Viviane,

bei einer Nierenbeckenentzündung müsste man auch Bakterien im Urin finden. Exakt führt man einen Katheterurin durch und legt eine Kultur an. Das Ergebnis der Kultur hat ein Urologe, der Mikrobiologie betreibt, am nächsten Tag. Wenn diese positiv wäre, wüsste man am übernächsten Tag, welches Antibiotikum gegen die Bakterien wirksam wäre.

Bei dem Verdacht auf eine Nierenbeckenentzündung sollte man sicherheitshalber, trotz o. g. Dinge, eine antibiotische Behandlung beginnen.

Auffällige Befunde im US finden sich lediglich in 50% der Fälle, d. h. der Ultraschallbefund kann unauffällig sein. Unspezifische Reaktionen sind z. B. Parenchymverdickungen, Streuechos und Echoabschwächungen durch Ödembildung.

Cefuroxim oder Fluorchinolone sind geeignete Präparate.

Aufgrund Ihrer Erfahrungen mit Antibiotika sollten Sie sich natürlich gemerkt haben, auf welches Antibiotikum Sie reagiert haben.

Eine Pyelonephritis oder auch der Verdacht muß mit Antibiotika behandelt werden, sonst nehmen Ihre Nieren eventuell einen nicht reparablen Schaden.

Viele Grüße

Dr. Rainer Schikore

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13.06.2009, 12:35 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Schikore,

vielen Dank für Ihre Antwort und dafür, dass Sie sich die Zeit nehmen, um mir weiterzuhelfen und ich meine Fragen an Sie stellen darf.

Ich benötige heute nochmals Ihren Rat. Nur musste ich hier erstmal ein wenig Übersetzungsarbeit bzgl. des Befundes leisten. Nun hoffe ich, das Nötigste richtig übersetzt zu haben.

Zunächst habe ich immer noch Schmerzen im Nierenbereich, die teilweise bis in andere Bauchbereiche ziehen. Das Fieber ist gesunken.

Das AB, welches ich nehmen soll, enthält den Wirkstoff Levofloxacin. Die zwei anderen AB, auf die ich Nebenwirkungen zeigte, waren Amoxicillin und Cefuroxim.

Wenn ich richtig im Internet recherchiert habe, müsste das Levofloxacin zu den Fluorchinlonen gehören und die anderen beiden nicht.
Somit könnte ich versuchen, dieses AB zu nehmen - oder wäre ein anderes sinnvoller?

Es wurde Urin untersucht, es ist zwar keine Katheterisierung erfolgt, aber mir wurde gezeigt, wie vorab zu desinfizieren ist und ich habe die entsprechenden Utensilien mit zur Urinentnahme genommen. Eine Kultur des Ergebnisses wurde nicht angelegt.

Der Sedimentbefund des Urins zeigt folgende Werte:
- Leukozyten (sind erhöht - hinter diesem Wert stehen zwei Zahlen)
- Bakterien (reichlich)
- Calciumoxalat (vereinzelt)
- granulierte Zylinder (mäßig viel)

Die Blutwerte waren i.O., lediglich eine leichte Erhöhung der Leuko- und Thrombozyten sowie des Kreatinin-Wertes (109, RB: < 80)

Deuten diese Werte auf eine evtl. vorliegende Nierenbeckenentzündung hin (auch wenn bei mir eben nichts im US zu sehen ist - Sie haben mir zum US-Befund ja eine gute Erläuterung gegeben)?

Was kann ich sonst noch tun, um die Beschwerden schnell abklingen zu lassen?

Nochmals vielen Dank für Ihre Mühen.

Viele Grüße

Viviane

Experte-Schikore
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13.06.2009, 21:31 Uhr
Antwort von Experte-Schikore

Hallo Viviane,

Ich würde dann an ihrer Stelle Levofloxacin nehmen und sehr viel trinken, damit alles gut gespült wird.

Mit dem Kreatinin-Wert kann ich so nichts anfangen, ggf. werden andere Referenzbereiche benutzt. Wenn aber die Grenze bei 80 liegt und Sie haben 109, dann haben die Nieren etwas gelitten.

Was immer gerne bei Patienten unterschätzt wird, ist die tägliche Flüssigkeitszufuhr. Hier wird Zufuhr und Ausscheidung an Urin falsch gesehen. Erst wenn Sie auf 1,5 - 2 Liter Urinausscheidung in 24 Stunden kommen, dann haben Sie genug getrunken.

Viel Grüße

Dr. Rainer Schikore

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14.06.2009, 06:57 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Schikore,

nochmals vielen Dank für Ihre Antwort. Ich nehme seit gestern das AB, habe aber immer noch Nierenschmerzen und Fieber - ist das normal oder wirkt das AB nicht?

Der Kreatinin-Wert wurde über das Blut bestimmt, die anderen Nierenwerte im Blut waren im RB. Nur noch irgendein GFR-Wert (??? - hier bin ich mir mit der Übersetzung nicht so sicher, ob es diesen gibt) ist zu niedrig.

Wenn der Kreatinin-Wert und dieser GFR-Wert ?? über das Blut bestimmt wurden, sind diese dann bei Erhöhung/Erniedrigung ohne Bedeutung?

Die Urinwerte (ich füge diese hier nochmals ein) wurden aus 10 ml ermittelt (hierfür gab es einen Plastebecher sowie Plastespritze + Desinfektionsmittel, um eine Kontamination des Urins weitgehend zu verhindern), es gab keine 24h-Sammlung.

Der Sedimentbefund des Urins zeigte folgende Werte:
- Leukozyten (sind erhöht -> 51 - 100)
- Bakterien (reichlich)
- Calciumoxalat (vereinzelt)
- granulierte Zylinder (mäßig viel)

Sind obige Werte typisch für eine Nierenbeckenentzündung? Sind granulierte Zylinder bei der Interpretation des Befundes von Bedeutung?

Nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe.

Viele Grüße aus Frankreich

Viviane

Experte-Schikore
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15.06.2009, 06:53 Uhr
Antwort von Experte-Schikore

Hallo Viviane,

warten Sie erst einmal die Wirkung des Antibiotikum´s ab. Sollte sich in den nächsten Tagen keine Besserung einstellen, müssen Sie den Kollegen noch einmal aufsuchen.

GFR heisst: glomeruläre Filtrationsrate und kann in Fall eienr Pyelonephritis schon mal erniedrigt sein. Wenn Sie wieder richtig gesund sind und für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr gesorgt haben, dann wird das wohl noch einmal überprüft.

Zylinder sprechen durchaus für eine Nierenbeckenentzündung.

Warten Sie jetzt erst einmal die Genesung ab.

Viele Grüße

Dr. Rainer Schikore

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18.06.2009, 10:43 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Schikore,

vielen Dank für Ihre Antwort. Ich habe bis gestern das AB genommen und musste es heute absetzen, weil ich eine Art Ausschlag (kleine Bläschen) über den Körper verteilt bekommen habe. Der Arzt hier meint, dies käme vom AB. Na ja, wenigstens ist es kein Durchfall.

Ich habe immer noch Nierenschmerzen (teilweise ziehend bis in den Bauchraum), aber kein Fieber. Im US zeigt sich zum letzten keine Veränderung. Meine Urinwerte sind zwar besser, aber noch nicht i.O.

Leuko (erhöht, 16-20)
Ery (erhöht 16-20)
granulierte Zylinder (vereinzelt)
Leukozytenzylinder (ganz vereinzelt)
Kalziumoxalate (vereinzelt)

Wie lassen sich die obigen Befunde interpretieren?

Wenn die Nierenschmerzen noch bestehen, muss ich dann davon ausgehen, dass das AB nicht richtig gewirkt hat?

Was kann ich noch tun, um eine Besserung herbeizuführen?

Nochmals vielen Dank für Ihre bisherige Hilfe.

Viele Grüße

Viviane

Experte-Schikore
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19.06.2009, 05:21 Uhr
Antwort von Experte-Schikore

Hallo Viviane,

wenn man es jetzt genau wissen will, dann nimmt man einen Katheterurin ab und legt davon eine Kultur an. Findet man da nichts mehr, dann sind die Nierenschmerzen vermutlich nur Rückenschmerzen. Wenn der Uricult positiv ist, weiss man einige Tage später, welches Antibiotikum überhaupt genau wirksam ist.

Viele Grüße

Dr. Rainer Schikore

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03.07.2009, 08:08 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Schikore,

vielen Dank für Ihre Antwort. Nachdem sich meine Beschwerden nur kurzfristig gebessert hatten und ich immer noch Nierenschmerzen sowie erhöhte Temperatur bis 38,5 Grad habe, wurde diese Woche eine Bakterienkultur angelegt. Heute am späten Nachmittag habe ich das Ergebnis vom Labor erfahren: Es handelt sich um E. coli und Enterokokken.

Sind dies nicht Bakterien, die sich im Darm befinden und Durchfall auslösen können (diesen habe ich nicht) - wie können diese sich bis zu den Nieren bewegen?

Welche Wirkstoffe sind geeignet, um den Infekt zu behandeln?

Ich würde mich freuen, wenn Sie mir nochmals weiterhelfen.

Viele Grüße

Viviane

Experte-Schikore
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06.07.2009, 08:22 Uhr
Antwort von Experte-Schikore

Hallo Viviane,

bei den genannten Keimen handelt es sich um Darmbakterien (das meiste beim Stuhlgang sind diese Bakterien!!!). Aufgrund der engen anatomischen Beziehung von Harnröhre, Scheide und After bei der Frau kommen immer mal Bakterien in die Blase. Wenn der Verschluss von der Blase zu den Nieren in Ordnung ist, dann bleibt es bei einer Blasenentzündung. Wenn Bakterien über die Harnleiter hochsteigen, dann können auch die Nieren infiziert werden.

Warum und weswegen Sie eine Nierenbeckenentzündung haben, kann ich von hier aus nicht beurteilen.

Ggf. müßten Sie sich einen anderen Arzt/Klinik in Frankreich suchen.

Viele Grüße

Dr. Rainer Schikore

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07.07.2009, 08:28 Uhr
Antwort

Hallo Herr Dr. Schikore,

vielen Dank für Ihre Antwort. Ich habe hier einen Arzt, er ist Allgemeinmediziner und ist der Meinung, dies behandeln zu können. Bisher ohne Erfolg. Zu einem anderen Arzt zu gehen, ohne ÜW, ist hier nicht so einfach, somit müsste ich erst recherchieren, wo es hier einen spezialisierten Arzt gibt. Fraglich ist, ob er einem nur so einen Termin vergibt, wenn die ÜW fehlt. Mir ist klar, dass Sie ohne Untersuchung keine Aussage treffen können, woher die Entzündung kommt. Vllt. können Sie mir die folgenden Fragen noch beantworten.

Habe ich Ihre Antwort richtig interpretiert, dass E. coli und Enterokokken eher nicht für die Auslösung einer Nierenbeckenentzündung verantwortlich sind?

Bei den beiden o.g. Erregern wäre evtl. welches Antibiotikum wirksam?

Vllt. ist es Ihnen möglich, mir nochmals weiterzuhelfen.

Vielen Dank.

Viele Grüße

Viviane

Experte-Schikore
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07.07.2009, 09:17 Uhr
Antwort von Experte-Schikore

Hallo Viviane,

da haben wir uns wohl missverstanden. E. Coli und Enterokokken sind die hauptsächlich verantwortlichen Keime für Harnwegsinfektionen (aufgrund der anatomischen Gegebenheiten).

Diese können dann unter geeigneten Umständen auch bis in die Nieren hochwandern und eine Nierenbeckenentzündung verursachen.

Welches Antibiotikum wirksam ist, läßt sich nur durch eine Kultur aus dem Urin feststellen. Es ist möglich, dass mit einem primär verabreichten Antibiotikum nur ein Teil der Bakterien vernichtet wurden, andere Bakterien aber resistent sind und man somit eine erneute Kultur anlegen muß.

Ich zumindest würde kein weiteres Antibiotikum auf Verdacht verordnen, wenn weiter Fieber besteht und der Uricult positiv ist.

Viele Grüße

Dr. Rainer Schikore